Es war 8:00 Uhr als die Helfer in der Unterkunft des DRK Kaarst-Büttgen eintrafen. Gruppenführer Markus Rühle erhielt den Einsatzauftrag für den anstehenden Einsatz. In Mönchengladbach Holt ereignete sich in einer Fabrik eine Explosion. Zerstörte Gebäude, ein Feuer und mindestens 15 vermisste Personen waren gemeldet. Die Sanitätsgruppe der 3. Einsatzeinheit verlud zügig das Equipment für diesen Einsatz und brach mit drei Fahrzeugen nach Mönchengladbach zu einem Übungsgelände des Technischen Hilfswerks auf, um den ebenfalls alarmierten Ortsverband Grevenbroich des THW bei den Rettungs- und Bergungsarbeiten zu unterstützen.
Währenddessen liefen auf dem Übungsgelände die Vorbereitungen bereits auf Hochtouren. Um 7:30 Uhr waren die Übungsleiter mit Verletztendarstellern der Jugendfeuerwehr Kaarst und der THW-Jugend zum Unglücksort gefahren. Die insgesamt 15 Darstellern wurden eingewiesen und Wunden wurden mit Schminke und Kunstblut erschreckend echt dargestellt. Verbrennungen, Schnittwunden, Rauchgasvergiftungen und Knochenbrüche waren die Verletzungen, die es um 9:15 Uhr ab Beginn der Übung zu behandeln galt. Für die eingetroffenen Rettungskräfte bot sich ein schreckliches Szenario: in einem Lagerhaus war ein Brand in Gange. Rauchschwaden zogen über den Vorplatz, auf dem ein bewusstlose Patient lag. In dem benachbarten Verwaltungsgebäude hielten sich acht leicht bis mittelschwer verletzte Personen auf. In einer zusammengestürzten Halle befanden sich in zwei bis drei Metern Tiefe drei Verletzte mit Unterschenkelfraktur, Halswirbelsäulenverletzung und Beckenbruch. Auf einem nach dem Einsturz verbliebenen Turm hielten sich zwei Peronen auf, eine weitere war darunter verschüttet.
Ziemlich schnell stand fest, dass technische Hilfe zur Rettung notwendig war. Einsatzleiter und Zugführer des THW Markus Wendland instruierte die Einsatzkräfte und koordinierte die Rettungsarbeiten. Die Sanitätsgruppe richtete in unmittelbarer Nähe das Schadensgebietes eine Sanitätsstation ein, der die geretteten und geborgenen Verletzten zugeführt wurden. Weitere Helfer unterstützten mit ihrem medizinischen Equipment die Bergungsarbeiten und stellten die Transportfähigkeit der Verletzten her.
Das Verwaltungsgebäude war schnell durchsucht und alle Verletzten wurden von den Sanitätern behandelt und registriert. Große Schwierigkeiten boten den Helfern die Verschütteten Personen, die sich tief unter der Erde in einem engen Kriechgang befanden. Die Rettung der Patienten war nur durch einen engen Schacht möglich. Für Schleifkorb und andere Hilfsmittel war nur begrenzter Platz, so dass die Rettung genau geplant werden musste. Die primäre Versorgung der Patienten gestaltete sich ebenfalls als sehr schwierig. Über einen Seilzug gelang doch schließlich die Rettung und die Schwerverletzten wurden aus dem Schacht gehoben. Da die Verletztendarstellern im Laufe der Übung die Kälte in der Tiefe tatsächlich zu spüren bekamen, erlag das letzte Opfer noch in der Tiefe seinen Verletzungen, damit die Bergung beschleunigt werden konnte und der Darsteller wieder an das sonnige Tageslicht gelangte. Nachdem der Brand im Lager gelöscht war, konnte ein Trupp des THW nach den beiden letzten vermissten Personen suchen. Die beiden verbrannten Opfer, die durch zwei Puppen des THW dargestellt wurden, konnten mittels Tragen aus dem Gebäude geborgen werden.
14 gerettete und drei verstorbene Patienten war die Bilanz am Ende des Einsatzes um 13 Uhr. Obwohl es während der Übung einige Punkte gab, die es in Zukunft zu verbessern gilt, waren Gruppenführer Markus Rühle und seine Sanitäter mit dem Einsatz sehr zufrieden. Die Kombination aus Bergungsgruppen des Technischem Hilfswerk und Einsatzeinheit des Deutschen Roten Kreuzes würde es in einem Realfall nur höchst unwahrscheinlich geben. Bei einem echten Ereigniss wäre mit einer großen Zahl an Rettungswagen, Notärzten, Feuerwehren, Schnelleinsatzgruppen Rettungsdienst zu rechnen. Dennoch ist es gut zu wissen, dass mit so knappen Resourcen ein Einsatz dieser Größe prinzipiell durchführbar ist. Im Vorfeld war durchaus klar, dass dieses Szenario mit der großen Zahl an Verletzten teilweise überdimensioniert sein würde. Aber gerade in solchen Situationen wird auch für die Sanitäter ersichtlich, wie wichtig Ordnung, Koordination und Taktik für einen derartigen Einsatz ist. Besonders hierauf und nicht auf die lehrbuchmäßige medizinische Versorgung war bei der Übung der Schwerpunkt gelegt.
Welchen Zweck hat eine solche Übung für einen Ortsverein des DRK? Neben der Einbindung in den Katastrophenschutz im Rhein-Kreis Neuss kann der Ortsverein auch im Rahmen von Sanitätsdiensten mit einer größeren Anzahl von Verletzten konfrontiert werden. Bis die ersten nachgeforderten Rettungsmittel und Leitungsgruppen eintreffen, kann einige Zeit vergehen, in der die Sanitäter auf sich alleine gestellt sind und Ordnung in die Lage bringen müssen. In der Hoffnung, dass eine solche Katastrophe niemals wirklich eintrifft, bedanken wir uns für die gute Zusammenarbeit mit dem THW Grevenbroich insbesondere bei Herrn Diekmann und Herrn Splittgerber und freuen uns auf künftige Übungen!